Die Wirtschaftsentwicklung Costa Ricas unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzungen zwischen Monetaristen und Keynesianern

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July 23, 2024 | History

Die Wirtschaftsentwicklung Costa Ricas unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzungen zwischen Monetaristen und Keynesianern

Günther Schreiner: Die Wirtschaftsentwicklung Costa Ricas unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzung zwischen Monetaristen und Keynesianern. Saarbrücken, Fort Lauderdale: Verlag Breitenbach 1988. 432 S. (Sozialwissenschaftliche Studien zu internationalen Problemen. 130).

In seiner Dissertation unternimmt es Schreiner, Konzeptualisierungen und wirtschaftspolitische Konsequenzen der Auseinandersetzungen zwischen Monetaristen und Keynesianern in einem lateinamerikanischen Land der Peripherie zu untersuchen. Costa Rica ist eine Mikronation. Daraus ergeben sich hinsichtlich der Integration in die Weltmärkte einige Konsequenzen, ob eine solche Untersuchung in einem kleinen Land überhaupt möglich ist. Es gelingt dem Autor, in seiner Dissertation durchgängig die spezifisch lateinamerikanischen Ausprägungen beider Theorieansätze auf seinen Untersuchungsgegenstand anzuwenden. In der Einleitung wird auf dieses Problem eingegangen.

An mehreren Stellen versucht Schreiner, wirtschaftstheoretische Konzepte an die wirtschaftliche Wirklichkeit verschiedener historischer Perioden heranzuführen. Das ist kein leichtes Unterfangen und kann auch nur partiell gelingen. Bei der Durchsicht von Außenhandelstheorien vertritt er die Auffassung, daß »die Verbreitung des technischen Fortschritts über das ganze Handelsgebiet« unterstellt wird. In den vom Autor angeführten Theorien gibt es jedoch nur »konstante Techniken« und keinen technischen Wandel bzw. Fortschritt.

Von großem Interesse ist die ausführliche Darstellung der Rezeption von Elementen des Keynesianismus in Lateinamerika, die von R. Prebisch in Gang gebracht wurde. Der große Wurf der Anpassung des keynesianischen Ansatzes an die besonderen Bedingungen lateinamerikanischer Entwicklungsländer wurde von Prebisch selbst dennoch nicht geleistet und - wenn ich den Autor recht verstehe - konnte auch von keinem anderen Autor geleistet werden. Dahinter steht zum geringsten Teil wohl subjektives Unvermögen, sondern es sind die objektiven Entwicklungsbedingungen, die mit dem analytischen Instrumentarium eines ausgereiften kapitalistischen Systems nicht bzw. nur unvollkommen erfaßt werden können. So mußte es bei der Rezeption des Keynesianismus wie auch des Monetarismus bei einer überwiegend eklektischen Vorgehensweise bleiben. Interessenkonstellationen, die nur schwer empirisch erfaßbar sind, da sie sich ideologisch verbrämen oder das Licht der Öffentlichkeit scheuen, waren für Auswahl und Gewichtung der Elemente des jeweiligen Theorieansatzes verantwortlich. Vielleicht ist Schreiner bei seiner Darstellung des keynesianischen Ansatzes, wobei er den vulgarisierten Formen den Vorzug zu geben scheint, ein wenig zu weit gegangen. Viele der dargestellten Partialanalysen werden im Verlauf seiner Untersuchung in der vorgetragenen vertieften Form nicht weiter benötigt. Ähnliches gilt für den folgenden Abschnitt über den neuen Monetarismus. In diesem Zusammenhang gelingt Schreiner eine überaus präzise Darstellung der Rezeption des neuen Monetarismus in Chile. Auch die Hinweise, unter welchen Bedingungen der monetaristische Ansatz in Chile und Argentinien gescheitert ist, sind von großem Interesse. Über die Zwischenglieder Chile und Argentinien führt Schreiner seine Leser nun zur costaricanischen Variante der Auseinandersetzung Monetarismus-Fiskalismus.

In seiner Schlußbetrachtung faßt Schreiner seine Ergebnisse zusammen. Es gelingt ihm ein plastisches und eindringliches Bild der gegenwärtigen Wirtschaftslage, deren Ausweglosigkeit beklemmend ist. - Vor diesem Hintergrund scheint die Kontoverse Keynesianismus-Monetarismus zu verblassen. Beide Theorieansätze dürften kaum hinreichend in der Lage sein, die anstehenden Probleme konzeptuell und instrumentell bewältigen zu können. - Beide Theorieansätze haben eine politische Organisationsbasis gefunden, die politisch-parlamentarisch mehrheitsfähig sind. Schreiner kann darüber hinaus nachweisen, daß ein demokratisches Staatswesen die monetaristische Radikalkur nur unvollkommen wirtschaftspolitisch umsetzen kann. Hier liegt der besondere Sinn der Vergleiche mit Chile und Argentinien. In seinen vorsichtigen Prognosen kann Schreiner kaum Hinweise auf eine grundsätzliche Wende zum Besseren geben. Erhaltung der wirtschaftlichen und politischen Stabilität des zentralamerikanischen Musterlandes Costa Rica scheint die optimistischste Variante für die Zukunft zu sein. Auch sie ist nur zum Preis einer verstärkten Abhängigkeit von den USA zu haben.

Gerhard Leithäuser (Bremen)

Quelle: IBEROAMERICANA 13. Jahrgang (1989) Nr. 1(36) S. 80f

Publish Date
Publisher
Breitenbach
Language
German
Pages
432

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Book Details


Table of Contents

INHALTSVERZEICHNIS
VORBEMERKUNG
1. EINLEITUNG
Page 7
2. HAUPTTEIL
2.1. Abriß der Geschichte Costa Ricas von der Entdeckung bis zum Sozialstaat
Page 19
2.1.1. Von der Kolonialisierung Costa Ricas bis zur Herausbildung eines eigenständigen Staates (1502 - 1821)
Page 25
2.1.2. Die U.S. - amerikanische Intervention in Zentralamerika und die Entwicklung einer exportorientierten Agrarwirtschaft (1821 - 1931)
Page 41
2.1.3. Herausbildung eines modernen Sozialgefüges durch innenpolitische Auseinandersetzungen und Sozialreformen (1931 - 1948)
Page 65
2.2. Einflußnahme der Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) auf die ökonomische Entwicklung Costa Ricas
Page 87
2.2.1. Die historischen und personellen Rahmenbedingungen für ein eigenständiges Programm der wirtschaftlichen Entwicklung in Lateinamerika
Page 95
2.2.2. Die Kritik an den Rahmenbedingungen des peripheren Kapitalismus durch Raul Prebisch
Page 107
2.2.3. Die Entstehung institutioneller Träger als Foren lateinamerikanischer Entwicklungspolitik
Page 127
2.2.4. Die Auswirkungen des CEPAL-Programms auf die Wirtschaftsstruktur Costa Ricas
Page 151
2.3. Untersuchung ausgewählter Teilbereiche der costaricanischen Gesellschaft nach dem Bürgerkrieg von 1948
Page 169
2.3.1. Die Industrialisierungspolitik Costa Ricas durch Importsubstitution
Page 172
2.3.2. Die Herausbildung des Zentralamerikanischen Marktes (MCCA)
Page 185
2.3.3. Untersuchungen zum Außenhandel Costa Ricas in den Zeiträumen von 1962 - 1967, 1970 - 1975 und 1976 - 1979
Page 207
2.3.4. Der wachsende Einfluß des staatlichen Sektors auf die Wirtschaft Costa Ricas
Page 231
2.4. Die monetaristische Herausforderung an die Entwicklungspolitik
Page 251
2.4.1. Antagonistische Konzepte für die Wirtschaftspolitik der III. Welt
Page 257
2.4.2. Der neue Monetarismus
Page 263
2.4.3. Die costaricanische Variante in der Auseinandersetzung
Page 293
2.5. Monetarismus versus Keynesianismus in der Tagespolitik Costa Ricas
Page 317
2.5.1. Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme Costa Ricas vor dem Wahlgewinn der neoliberalen UNIDAD (1978)
Page 325
2.5.2. Die Monetaristen in der öffentlichen Diskussion um das neue Wirtschaftsmodell
Page 341
2.5.3. Umsetzungen und Ergebnisse neoliberaler Konzepte in der Amtszeit von Rodrigo Carazo Odio (1978 - 1982)
Page 351
3. SCHLUSSTEIL
Page 389
ANHANG A.
Page 405
ANHANG B.
Page 408
ANHANG C.
Page 411
TABELLENVERZEICHNIS.
Page 414
VERZEICHNIS DER SCHAUBILDER UND GRAFIKEN.
Page 417
LITERATURLISTE.
Page 418
INHALTSVERZEICHNIS.
Page 432

Edition Notes

Originally presented as the author's thesis (doctoral--Universität Bremen, 1987).

Includes bibliographical references.

Published in
Saarbrücken
Series
Sozialwissenschaftliche Studien zu internationalen Problemen -- Bd. 130

Classifications

Library of Congress
HC143 .S43 1988

The Physical Object

Pagination
432 p. :
Number of pages
432

ID Numbers

Open Library
OL17131012M
ISBN 10
3881564047
OCLC/WorldCat
22736796

Source records

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