Freie Menschen in freien Vereinbarungen

Gegenbilder zu Markt und Staat

2. Auflage

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April 9, 2023 | History

Freie Menschen in freien Vereinbarungen

Gegenbilder zu Markt und Staat

2. Auflage

Der Mensch kann sich und seine Umwelt abstrahieren. Das heißt, er kann so tun, als stände er außerhalb seiner selbst und beobachte sich. Er kann überlegen, ob das sinnvoll ist oder nicht, was er gerade tut, getan hat oder tun will. Gleiches lässt sich zur eigenen Umwelt sagen – je sogar zu einer entfernten Umwelt, die gerade gar nicht direkt vor Augen steht. Der Körper, allen voran die Hände, bieten hervorragende Möglichkeiten, konkrete Ideen zur Veränderung der äußeren Erscheiungen auch umzusetzen. Der Kopf mit dem leistungsfähigen Gehirn spielt mit, das in sehr komplexen Handlungsabläufen zu tun. Nicht nur lässt sich so die Natur direkt verändern, z.B. kann ein Boden aufgelockert, Wasser umgeleitet oder Holz zu Papier werden. Es lassen sich auch nicht nur einfache Hilfsmittel herstellen, sondern mehr verschachtelte Vorgänge entwerfen, bei denen z.B. ein Werkzeug hergestellt wird, das ein Werkzeug herstellt, mit der eine Maschine hergestellt wird, die die Umgebungsbedingungen verändert. Selbst das ist noch recht einfach – kommen noch Kooperationen vieler Beteiligter und programmierte Algorithmen wie die Software von Computern hinzu, so entsteht ein sehr komplexer Ablauf, der am Ende die Auffassungsfähigkeiten der Einzelnen schnell übersteigt. Allerdings lassen sich wieder Hilfsmittel erzeugen, die die Steuer- und Überschaubarkeit von Vorgängen verbessern – oder verschlechtern.

Die Grenzen menschlicher Gestaltungsfähigkeit sind also weit gesteckt und lassen sich ständig weiter dehnen. Die entscheidende Frage ist, wofür diese Fähigkeiten genutzt werden. Wohin wird die Produktivkraft gelenkt? Wie sehen die Entscheidungswege aus? Auf welche Weise entstehen Kooperationen, wie können Entwicklungen beeinflusst werden – und durch wen? All das kann nicht "wissenschaftlich" oder technisch entschieden werden. Wohl können für alle Entscheidungen dann wieder die passenden Hilfsmittel erstellt werden, aber die Richtung selbst ist eine politische. Eine, die den Menschen angeht und, aus emanzipatorischer Sicht, von ihnen ausgehen sollte.

Zur Zeit dient gesellschaftliche Aktivität überwiegend der Steigerung von Profiten und der Kontrolle. Beide sind mitunter auch verbunden und bestehen wieder aus vielen Teilaspekten, bilden die dominanten Säulen gesellschaftlicher Organisation. Seit Jahrhunderten. Der lange Gewöhnungsprozess lässt sie wie Naturgesetze erscheinen, doch bei näherer Betrachtung sind sie mit allen verfügbaren Mitteln der Herrschaftsausübung durchgesetzt und immer wieder neu inszeniert – von formal begründeten Drohkulissen (Gesetze, Strafe) bis zu diskursiver Vermittlung.

Emanzipation als Ringen um gesellschaftliche Bedingungen bedeutet also zunächst, die Metafrage immer wieder zu stellen. Es reicht nicht, nur über die technische Lösung der Energieversorgung, der Nahrungsmittelerzeugung, zu Medikamenten und ärztlicher Behandlung, zu Wissen, Kommunikationsformen und Entscheidungsfindung zu debattieren. Sondern zur Disposition steht die Frage, wie darüber entschieden wird – also die Eigentumsfrage, die Frage der Transparenz aller Abläufe, die Methoden der Entscheidungsfindung, ja sogar schon die Frage, wie über diese Fragen diskutiert und entschieden wird. Auch gehört dazu die Klärung, ob überhaupt etwas für alle festgelegt werden soll, was also Entscheidungen überhaupt bedeuten und nach sich ziehen.Schnell können schwindelerregende Höhen mehrfach verknoteter Gedankenstränge erreicht werden, die bei allem zu berücksichtigen sind. Denn soziale Gefüge sind hochkomplex. Einfache Einzellösungen werden ihnen selten oder nie gerecht. Daher sei eine der wichtigsten Schlussfolgerungen schon am Beginn genannt. Es wird keine neue Norm, kein neues Gesetz geben können, dass Emanzipation passgenau beschreibt und sichert. Nur der Mensch selbst, allein oder in der Kommunikation mit anderen, ist in der Lage, komplex wirkende Lösungen zu entwerfen und – da diese immer nur für den Moment gelten können – weiterzuentwickeln. Es gibt also keinen Anfang und kein Ende. Es gibt immer Alternativen, aber uns werden nicht immer alle einfallen. Fortschritt basiert daher auf der Offenheit der Gegenwart und der Reflexion, ob nicht noch Anderes oder Besseres möglich wäre. Das wiederholt sich nach jedem Schritt voran…

(Quelle: SeitenHieb-Verlag)

Publish Date
Publisher
SeitenHieb-Verlag
Language
German
Pages
352

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Cover of: Freie Menschen in freien Vereinbarungen
Freie Menschen in freien Vereinbarungen: Gegenbilder zu Markt und Staat
2012, SeitenHieb-Verlag
Paperback in German - 2. Auflage
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Freie Menschen in freien Vereinbarungen: Gegenbilder zur Expo 2000
2000, SeitenHieb-Verlag
Paperback in German - 1. Auflage

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Book Details


Table of Contents

1. Intro: Inhalt
Page 6
Vorweg
Page 9
Worum geht es?
Page 11
2. Grundlagen und Geschichte von Herrschaft – Geschichte sozialer Organisierung
Page 14
Soziale Organisation als Grundform menschlichen Lebens
Page 14
Wer macht Geschichte? Was prägt die Gesellschaft?
Page 17
Emanzipation: Das Herrschaftsförmige aus den Beziehungen verdrängen
Page 22
Masse… in Form gegossen: Wird aus Vielen Vielfalt?
Page 29
Soziale Organisierung als Teil des Menschseins
Page 29
Eine Menge von Menschen kann sehr unterschiedlich aussehen
Page 29
In welcher Form leben wir?
Page 38
Biologie und Kultur des Menschen bieten mehr
Page 39
Plädoyer für Vielfalt ohne Hierarchie
Page 40
Geschichte formaler Herrschaft
Page 43
Normierung, Kontrolle und Sanktion im Wandel der Zeit
Page 43
Was lange währt…: Die klassischen Formen formaler Macht
Page 43
Neue Weltordnung: Modernisierte, formale Herrschaft
Page 47
Erscheinungsformen institutionalisierter Macht
Page 52
Kein ruhiges Leben ohne Verdrängung
Page 56
Geschichte der Produktivkraft als ökonomische Unterdrückung des Menschen
Page 57
Geschichtliche Entwicklung der Produktivkraft
Page 59
Von der personal-konkreten zur abstrakten Vergesellschaftung
Page 63
Ökonomische Zwänge, Abhängigkeit und Kapitalverteilung
Page 66
Diskursive Herrschaft
Page 70
Wie sich Traditionen, Normen und Wahrheiten einbrennen
Page 70
Diskurssteuerung
Page 73
Beispiele für Diskurssteuerung
Page 74
Rollen und Zurichtung
Page 81
Aufklärung: Demaskieren als Ziel
Page 83
Wir, alle und die Stimmen des Ganzen
Page 84
Repräsentation und Vereinnahmung
Page 84
Schlussgedanke
Page 88
3. Was sind Welt und Leben?
Page 89
Der ewige Streit um Diesseits und Jenseits
Page 90
Dynamische Materie in Selbstorganisierung
Page 96
Materie im Wandel — an Beispielen
Page 111
Wahrheit und Wahrnehmung
Page 122
Was ist der Mensch?
Page 137
Was prägt den Menschen?
Page 137
Abhängigkeit, Geborgenheit, Losgelöstsein
Page 148
Fluchten: Die Matrix der Geborgenheit
Page 151
Statt Fluchten: Subjekt des eigenen Lebens werden
Page 157
Selbstentfaltung
Page 161
Egoismus als Antrieb
Page 163
Wie geht’s?
Page 166
Was hindert uns?
Page 172
Autonomie & Kooperation
Page 177
Wo Eigennutz und Gemeinnutz sich gegenseitig fördern
Page 177
Autonomie und Kooperation
Page 179
Beziehungskisten: Auf die Art der Kooperation kommt es an
Page 182
Voraussetzungen für „Autonomie und Kooperation”
Page 186
Der Weg zu Autonomie und Kooperation
Page 189
Mensch – Natur – Technik
Page 191
Mensch und Natur
Page 191
Natur und Natürlichkeit
Page 194
Naturnutzung als Allianztechnologie
Page 196
Technik: Heilsbringer, teuflisch oder einfach nur Werkzeug?
Page 200
Forschung und Forschungsfreiheit
Page 204
4. Strategien
Page 207
Die Brücke von der Theorie zur Praxis
Page 207
Heute beginnen, nie aufhören
Page 208
Emanzipation und Selbstentfaltung als offener Prozess
Page 208
Fragend schreiten wir voran
Page 215
Mut zur Vision bei kritischer Reflexion
Page 215
Horizontalität und offene Systeme
Page 217
Räume, Kommunikation und mehr ohne Privilegien
Page 217
Verhandeln ohne Regeln und Metaebenen
Page 218
Worauf ist dann noch Verlass?
Page 224
Anwendungsfelder
Page 227
Koordinierung und Kooperation
Page 231
Auf der Metaebene der Gesellschaft
Page 231
Zentrale Steuerung
Page 231
Demokratische Legitimation
Page 232
Räte
Page 233
Die übersehenen Problem aller Modelle: Eliten, Ressourcen, diskursive Macht
Page 238
Perspektiven
Page 241
Ökonomie ohne Zwang und Unterdrückung
Page 243
Herrschaftsfrei wirtschaften
Page 243
Eine andere Produktionswelt ist möglich!
Page 247
Klarstellung: Emanzipation ist etwas anderes als (Neo-)Liberalismus
Page 252
Möglichkeiten und Grenzen dezentraler Wirtschaftsformen
Page 253
5. Praxis: Experiment, Aktion und Alltag
Page 258
Demaskierung des Herrschaftsförmigen in Verhältnissen und Beziehungen
Page 258
Herrschaft abwickeln
Page 259
Aneignung und Austeilen
Page 261
Beteiligungsmöglichkeiten ausdehnen, Hemmnisse abbauen
Page 262
Utopien entwickeln, benennen und vorantreiben
Page 264
Experimente und Anwendungsfelder
Page 265
Aktion: Öffentlichkeit und Widerstand
Page 267
Gemeingüter und frei zugängliche Ressourcen
Page 268
Commons, Open Access und der kleine Unterschied
Page 268
Organisationsformen
Page 274
Hürden und Hemmnisse
Page 275
Beispiele für Commons und Open Access
Page 277
Streit: Organisierte Vielfalt und Antrieb für den weiteren Prozess
Page 285
Anbahnung von Kommunikation und Kooperation
Page 285
Orte schaffen und Methoden „erfinden“
Page 288
Alltagstauglichkeit: Direkte Intervention üben
Page 289
Umwelt und Ressourcen
Page 291
Zentrale Steuerung oder Umweltschutz von unten?
Page 291
Umwelt oder Mitwelt?
Page 292
Flächen- und Rohstoffverbrauch
Page 292
Fazit: Umweltschutz ist eine Machtfrage
Page 296
Experimente und Aktionen
Page 297
Über das Örtliche hinaus: Wie entsteht das Große?
Page 300
Direkte und gesamtgesellschaftliche Kooperation
Page 300
Beispiel Wasserversorgung
Page 302
Energieversorgung
Page 304
Beispiel Mobilität
Page 307
Konversion: Das Neue aus dem Alten formen
Page 308
Widerstand als utopisches Feld
Page 310
Emanzipatorische Organisierung und Strategie
Page 311
Widerstand… ohne sich an Machtkämpfen zu beteiligen
Page 316
Und was heißt das praktisch?
Page 319
Wer schafft den Wandel?
Page 325
Anhang: Glossar
Page 326
Literatur
Page 347
Bücher und Materialien
Page 351

Edition Notes

CC BY-SA 2.0

Published in
Reiskirchen, Germany
Series
Fragend voran…
Other Titles
Freie Menschen in freien Vereinbarungen: Gegenbilder zur Expo 2000

Classifications

Dewey Decimal Class
302.5

Contributors

Contributor
Jörg Bergstedt

The Physical Object

Format
Paperback
Pagination
352p.
Number of pages
352
Dimensions
21 x 15 x 1.5 centimeters
Weight
500 grams

ID Numbers

Open Library
OL26353321M
Internet Archive
Freie_Menschen_in_freien_Vereinbarungen_2
ISBN 10
3867470057
ISBN 13
9783867470056
OCLC/WorldCat
779552438
Library Thing
14200455
Deutsche National Bibliothek
101976287X

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